Aktualisiert: 12.05.2018


dass | daß

Eine Häufung von «dass»-Sätzen vermeiden



Nachstehend

werden grundlegende Prozeduren aufgezeigt, dass-Sätze zu kürzen oder zu transformieren.
Damit soll nicht die Vorstellung befördert werden, dass-Sätze seien grundsätzlich von Übel, weshalb von ihnen abzusehen sei.
Vor allem lange, das heißt mittels Objekten und Adverbialen ausgebaute dass-Sätze bieten Möglichkeiten, informationelle Spannungsbögen aufzubauen, nicht nur innerhalb eines dass-Satzes, sondern auch im Verhältnis zum unmittelbar umgebenden Kontext.
Wer imstande ist, dass-Sätze in syntaktische Strukturen ohne «dass» zu transferieren, befindet sich aber in einer Ausgangsposition, von wo aus er beginnen kann, dass-Sätze bewusst einzusetzen — am Ende des Abschnitts IV. 4 a wird ein solches Beispiel aufgeführt. Grundsätzlich soll es hier jedoch nicht so weit gehen.


Beabsichtigt

ist lediglich, zu zeigen, wie man durch den bewussten Verzicht auf den übermäßigen und überflüssigen Gebrauch von «dass»-Sätzen seine Standardsprache verbessert, so dass sie — in Verbindung mit weiteren, hier nicht zu erörtenden Verbesserungen — für solide Sachprosa wie Geschäftsbriefe, Bewerbungen, schriftliche Prüfungsarbeiten in Schule und Hochschule verwendbar und vorzeigbar ist.

Das Vermeiden von «dass»-Sätzen mit den hier vorgestellten Prozeduren hat auch eine stilistische Seite: die Sätze werden regelmäßig ganz beiläufig gekürzt und die Informationsdichte nimmt zu. Das kommt dem Ideal des konzisen Stils entgegen.



Scherenschnitt



I.
«dass»-Sätze in Reihe

Korrektur:
«dass» nur im ersten Nebensatz verwenden

Jemand schreibt:

«Ein Zeuge will beobachtet haben, dass Herr Meyer um 12 Uhr aus dem Geschäft trat, dass er zum Taxistand ging und dass er dort kurz darauf in eine tätliche Auseinandersetzung verwickelt war.»

In dem Satzgefüge, das neben dem Hauptsatz drei unmittelbar gereihte (= koordinierte) dass-Sätze enthält, bleibt das dass des ersten Nebensatzes erhalten, bei den folgenden wird es getilgt:
«Ein Zeuge will beobachtet haben, dass Herr Meyer um 12 Uhr aus dem Geschäft trat, [dass] er zum Taxistand ging und [dass] er dort kurz darauf in eine tätliche Auseinandersetzung verwickelt war.»

Damit nicht genug. Das dass ist zwar in den letzten Sätzen beseitigt, jedoch besitzt das Satzgefüge noch keine Standardqualität. Grund: Die drei unmittelbar gereihten Nebensätze besitzen ein identisches Agens (Handlungsperson): «Herr Meyer» (erster Nebensatz), «er» (zweiter Nebensatz) und «er» (dritter Nebensatz); in allen drei Fällen handelt es sich um das grammatische Subjekt des betreffenden Nebensatzes. Eine solche Wiederholung ist vor allem inhaltlich überflüssig und daher vermeidbar.

Deshalb wird noch einmal gekürzt. Ergebnis: Im ersten dass-Satz bleibt das Subjekt erhalten, in den beiden folgenden wird es getilgt. Das Satzgefüge:

«Ein Zeuge will beobachtet haben, dass Herr Meyer um 12 Uhr aus dem Geschäft trat, [dass] [er] zum Taxistand ging und [dass] [er] dort kurz darauf in eine tätliche Auseinandersetzung verwickelt war»

sieht nach seiner endgültigen Bearbeitung so aus:

Ein Zeuge will beobachtet haben, dass Herr Meyer um 12 Uhr aus dem Geschäft trat, zum Taxistand ging und dort kurz darauf in eine tätliche Auseinandersetzung verwickelt war.

Mitunter müssen auch Objekte, die wiederholt auftreten, getilgt werden.
Ein weitere Kürzungsnotwendigkeit ergibt sich, wenn in unmittelbar gereihten Nebensätzen nacheinander das Verb «haben» oder «sein» oder «werden» in Hilfsverbfunktion erscheint. Dies ist der Fall, wenn entsprechende Reihungen mit zusammengesetzten Tempora (Perfekt, Plusquamperfekt, Futur II), mit dem Konjunktiv II oder mit dem Passiv verbunden sind. Ein Beispiel mit «werden» in der Funktion als Passiv-Hilfsverb:
«Wir müssen rechtzeitig dafür sorgen, dass die Tanks gefüllt werden, dass die Fenster abgedichtet werden und dass die Ski-Utensilien für die Gäste bereitgestellt werden.»
Zunächst werden die überflüssigen «dass» getilgt:
«Wir müssen rechtzeitig dafür sorgen, dass die Tanks gefüllt werden, [dass] die Fenster abgedichtet werden und [dass] die Ski-Utensilien für die Gäste bereitgestellt werden.»
In einem zweiten Schritt werden die überflüssigen «werden» beseitigt:
«Wir müssen rechtzeitig dafür sorgen, dass die Tanks gefüllt werden, [dass] die Fenster abgedichtet werden und [dass] die Ski-Utensilien für die Gäste bereitgestellt werden

Nach der Überarbeitung:

Wir müssen rechtzeitig dafür sorgen, dass die Tanks gefüllt, die Fenster abgedichtet und die Ski-Utensilien für die Gäste bereitgestellt werden.

Die Tilgung der überflüssigen Hilfsverben läuft – verglichen mit der Tilgung der überflüssigen «dass» – in umgekehrter Richtung, das heißt von links nach rechts: im ersten oder in den ersten Nebensätzen wird das Hilfsverb gestrichen, im letzten bleibt es erhalten.


Weiterführende Hinweise
Das Verfahren, wie man ein wiederholtes «dass» bei unmittelbar gereihten «dass»-Sätzen tilgt, ist grundsätzlich übertragbar auf analog konstruierte Satzgefüge (komplexe Sätze), in denen unnmittelbar gereihte Nebensätze mit gleichlautenden Konjunktionen oder gleichlautenden Relativpronomen oder gleichlautenden Relativadverbien eröffnet werden.




II.
«dass»-Sätze
als Objektsätze bei der Rede- oder Gedankenwiedergabe

Standardkorrektur:
Pseudo-Hauptsatz oder Infinitivsatz

Jemand schreibt:
«Frau Müller gab an, dass sie den Verlust der Tasche gegen 20 Uhr bemerkt habe.»

Der Satz ist grundsätzlich korrekt. Unter dem Gesichtspunkt, Überflüssiges zu vermeiden, jedoch verbesserbar. Man kann hier nämlich die Konjunktion dass einsparen. Im gegebenen Fall bestehen zwei Möglichkeiten:

1.
Die Konjunktion dass wird getilgt und das, was übrigbleibt, wie ein Hauptsatz strukturiert:
Frau Müller gab an, sie habe den Verlust der Tasche gegen 20 Uhr bemerkt.
Wie in jedem Hauptsatz steht nun das finite/konjugierte Verb (hier: habe) an zweiter Stelle. In älteren Sprachlehrbüchern nannte man so etwas einen "verkappten Nebensatz". Man könnte auch von einem "Pseudo-Hauptsatz" sprechen, eine Bezeichnung, der im weiteren Verlauf der Vorzug gegeben werden soll.

Obwohl das dass verschwunden ist, ist das Satzgefüge unter dem Gesichtspunkt der informationellen Reduzierbarkeit noch nicht perfekt. Grund: Das grammatische Subjekt des Hauptsatzes (Frau Müller) und das des Nebensatzes bzw. Pseudo-Hauptsatzes (sie) bezeichnen ein- und dieselbe Handlungsperson. Das ist für das Verständnis des Satzgefüges nicht nötig. Hier liegt also weiteres Kürzungspotential.

2.
Aufgrund der Identität der Handlungspersonen im Hauptsatz und im Nebensatz – in beiden Fällen handelt es sich um grammatische Subjekte – wird der Nebensatz in einen Infinitivsatz transformiert. Aus dem ursprünglichen Satzgefüge

«Frau Müller gab an, dass sie den Verlust der Tasche gegen 20 Uhr bemerkt habe.»

wird nach seiner Umwandlung

Frau Müller gab an, den Verlust der Tasche gegen 20 Uhr bemerkt zu haben.
Damit ist nicht nur das «dass» getilgt, sondern auch die überflüssige Wiederholung der Handlungsträgerin im Nebensatz.

Besteht eine Identität der Handlungsträger im dass-Satz und im übergeordneten Satz und erscheinen beide als grammatische Subjekte in ihrem jeweiligen Satzzusammenhang, ist es nach einer sehr wirksamen Norm üblich, zumindest im Schriftdeutschen den Infinitivsatz vorzuziehen. Naheliegender Grund: der Infinitivsatz erspart die doppelte Nennung des Handlungsträgers bzw. grammatischen Subjekts. Zumindest mit derselben, meist jedoch einer geringeren Wörtermenge als im «dass»-Satz lassen sich dieselben Informationen vermitteln.

In den genannten Beispielen erscheint der «dass»-Satz als Objektsatz. Er kann auch als Attributsatz fungieren. Dazu Näheres im Abschnitt IV.

Beide Verfahren zur Aufhebung des dass-Satzes – durch die Umwandlung in einen Pseudohauptsatz oder, wenn die beschriebene Bedingung vorliegt, in einen Infintivsatz – sind oft möglich, wenn das Hauptverb des übergeordneten Satzes ein Verb des Sagens oder des Denkens/Meinens ist, etwa sagen, meinen, betonen, behaupten, entgegnen, leugnen, zu verstehen geben, zu Protokoll geben, denken, vermuten, sich vorstellen, feststellen, träumen ... In Sprachlehrbüchern werden entsprechende Satzgefüge oft unter "indirekte Rede" oder in Kapiteln über den Konjunktiv 1 abgehandelt.




III.
Weitere Bedingungen bei Satzgefügen mit «dass»-Objektsätzen
(Ergänzungen zu II.)
Standardkorrektur:
Pseudo-Hauptsatz oder Infinitivsatz

Die in Abschnitt II. erwähnte Voraussetzung zur Umwandlung eines dass-Satzes in einen Infinitivsatz – die Identität der in den grammatischen Subjekten dargestellten Handlungspersonen im Hauptsatz und im Nebensatz – ist nicht die einzige. Weitere Voraussetzungen sind möglich.

Hierfür sind andere Satzglieder des übergeordneten Satzes in den Blick zu nehmen, wobei entscheidend ist, welches die Handlungsperson (auch als Agens bezeichnet) vertritt. Es muss nicht das grammatische Subjekt sein. Beispiele:

1.
Das Subjekt des dass-Satzes bezeichnet dieselbe Handlungsperson wie das Dativobjekt des Haupsatzes. Beispiel:

«Die Eltern erlaubten dem Kind, dass es an einer Reise teilnimmt.»
Die Eltern erlaubten dem Kind, an einer Reise teilzunehmen.

2.
Das Subjekt des dass-Satzes bezeichnet dieselbe Handlungsperson wie das Akkusativobjekt des Hauptsatzes. Beispiel:

«Der Arzt bittet die Patientin, dass sie am nächsten Tag wiederkommen möge.»
Der Arzt bittet die Patientin, am nächsten Tag wiederzukommen.

3.
Das Subjekt des dass-Satzes bezeichnet dieselbe Handlungsperson wie das Präpositionalobjekt des Hauptsatzes. Beispiel:

«Er beschwerte sich bei uns,, dass wir zu laut gewesen seien.»
Es beschwerte sich bei uns, zu laut gewesen zu sein.

4.
Wenn der Hauptsatz im Passiv steht, wird das Wort bzw. Satzglied, das die handelnde Person (Agens) vertritt, nicht durch das grammatische Subjekt, sondern mit « von + xxx » wiedergegeben. Wenn die im Subjekt des Nebensatzes vetretene Handlungsperson übereinstimmt mit der Handlungsperson im «von + xxx »-Satzglied des Hauptsatzes, ist ebenfalls eine Umwandlung des «dass»-Satzes in einen Infinitivsatz möglich.
Beispiel:

Es wurde [von ihnen] behauptet, dass man alles getan habe.
Es wurde [von ihnen] behauptet, alles getan zu haben.


Neben den in diesem Abschnitt aufgeführten Musterbeispielen finden sich im tatsächlichen Sprachgebrauch weitere, die aber vergleichsweise sehr spezieller Art sind und zudem wenig verallgemeinerbar. Es handelt sich einerseits um einige Verben oder Verbverbindungen, andererseits um besondere Formen, wie die Handlungsträger zur Darstellung gebracht werden. Wer die auf dieser Seite vorgestellten Transformationsregeln verinnerlicht hat und bewusst praktiziert, dürfte einigerfmaßen imstande sein, auch solche Sonderfälle wahrzunehmen und gegebenenfalls angemessen zu behandeln. Auf Ausführungen hierzu sei deshalb an dieser Stelle verzichtet.





IV.
«dass»-Sätze als Attributsätze

Standard-Alternative:
Pseudo-Hauptsatz oder Infinitivsatz


Die vorigen Abschnitte I bis III handelten von dass-Sätzen in der Funktion von Objektsätzen. Indes können sie auch als Attributsätze fungieren und sind dann meist ebenfalls reduzierbar oder umwandelbar.

1.
Ein Muster

« [...] seine Mitteilung, dass er jeden Morgen mit der Bahn anreise, [...] »
Hierbei ist «Mitteilung» ein Nomen, von dem der Nebensatz «dass er jeden Morgen mit der Bahn anreise» abhängt. Der dass-Satz ist hier ein Attributsatz (erfragt wird er mit Was für eine Mitteilung?).
Die Umwandlungsbedingungen und -prozeduren sind grundsätzlich dieselben, wie im Abschnitt II beschrieben.
Zunächst ist es möglich, den Nebensatz (Attributsatz) in einen Pseudo-Hauptsatz zu transformieren, so dass das «dass» entfällt:
« [...] seine Mitteilung, jeden Morgen reise er mit der Bahn an, [...]. »
In einem weiteren Schritt ist zu prüfen, ob das Subjekt des Nebensatzes mit dem des übergeordneten Satzglieds insofern übereinstimmt, als beide ein- und dieselbe handelnde Person bezeichnen. Ist dies sicher, ist zusätzlich eine Verkürzung auf einen Infinitivsatz möglich:
[...] seine Mitteilung, jeden Morgen mit der Bahn anzureisen, [...]
Im letzten Beispiel erscheint die handelnde Person des übergeordneten Satzelements (hier das Nomen) nicht in Form eines autonomen Wortes, ist aber implizit im Possessivpronomen «sein[e]» enthalten. Oft ist das logische Subjekt noch weniger eng mit dem übergeordneten Nomen verbunden. In einem solchen Fall lässt es sich aus dem Zusammenhang ermitteln, sei es im selben Satzgefüge, sei es in einem vorausgehenden Satz. Beispiel:
«Gestern rief Herr Meyer hier an. Er [= Herr Meyer] hinterließ auf dem Recorder die Mitteilung, dass er [Herr Meyer] jeden Morgen mit der Bahn anreise.»
Nach Umwandlung des attributiven dass-Satzes in einen Infinitivsatz:
→ Gestern rief Herr Meyer hier an. Er hinterließ auf dem Recorder die Mitteilung, jeden Morgen mit der Bahn anzureisen.

Als Kontrast ein Beispiel, in dem der Nebensatz in seinem grammatischen Subjekt eine andere Handlungsperson aufführt als das übergeordnete Element:
«Gestern rief Herr Meyer hier an. Er hinterließ auf dem Recorder die Mitteilung, dass Frau Weber [!] jeden Morgen mit der Bahn anreise.»

Möglich ist hier die Umwandlung des attributiven dass-Satzes in einen Pseudohauptsatz:
«Er hinterließ auf dem Recorder die Mitteilung, Frau Weber reise jeden Morgen mit der Bahn an.»
Eine Umwandlung des attributiven Nebensatzes in einen Infinitivsatz ist nicht möglich.

Ein Nomen wie «Mitteilung» ist die substantivische Entsprechung des Verbs «mitteilen» und lässt sich, wie das vorige Beispiel zeigt, für die «indirekte Rede» verwenden. Ausgehend von wenngleich nicht allen, jedoch zahlreichen Verben des Redens und Denkens lassen sich Analogien bilden:

  • ankündigen, dass → die Ankündigung, dass
  • behaupten, dass → die Behauptung, dass
  • annehmen, dass → die Annahme/Vermutung/Prämisse, dass
  • erkennen, dass → die Erkenntnis, dass
  • folgern, dass → die Folgerung, dass
  • darlegen, dass → die Darlegung, dass
  • entgegnen, dass → die Entgegnung, dass
  • feststellen, dass → die Feststellung, dass
  • erwidern, dass → die Erwiderung, dass
  • fordern, dass → die Forderung, dass
  • leugnen, dass → die Leugnung, dass
  • meinen, dass → die Meinung, dass
  • unterstellen, dass → die Unterstellung, dass
  • sich vorstellen, dass → die Vorstellung [Imagination], dass ...
  • träumen, dass ... → der Traum, dass ...
  • ... Verb, dass ... → ... Nomen, dass ... [ → auf Verkürzbarkeit prüfen: Ist auch ein Infinitivsatz möglich? ]
Außerhalb des Bedeutungsfelds 'Reden und Denken' bestehen ebenfalls zahlreiche Nomen, denen sich gleichfalls ein mit «dass» eingeleiter Nebensatz subordinieren lässt:
  • der Anlass, dass
  • das Anliegen, dass
  • die Folge [dessen], dass
  • der Umstand, dass
  • die Ursache [dafür], dass
  • der Grund [dafür], dass
  • ... Nomen, dass ... [ → auf Verkürzbarkeit prüfen: Ist auch ein Infinitivsatz möglich? ]
    Die zusätzliche Verwendung der bei einigen Nomen möglichen Pro-Adverbien (in eckigen Paranthesen) ist nicht obligatorisch.

Nachstehend einige kommentierte Beispielssätze, in denen die Variante «der Grund [dafür], dass ... » erscheint:

a.
«Er hat nicht den geringsten Grund [dafür/dazu], dass er seine Aussage zurücknimmt.»
→ Er hat nicht den geringsten Grund [dafür/dazu], seine Aussage zurück zu nehmen.
Kommentar:
Eine Handlungsperson («er») wird im attributiven Nebensatz als auch im Hauptsatz ausdrücklich genannt. Offensichtlich handelt es sich um ein und dieselbe Person. Die Umwandlung des attributiven Nebensatzes in einen Infinitivsatz ist sehr naheliegend.

b.
«Die Gründe [dafür], dass wir unsere Datenbank aktualisieren, bestehen darin, dass derzeit auffallend häufig neue und bislang unbekannte Phänomene auf sich aufmerksam machen.»
→ Die Gründe [dafür], unsere Datenbank zu aktualisieren, bestehen darin, dass ... .
Kommentar:
Der im attributiven «dass»-Satz des Ausgangssatzgefüges genannte und zusätzlich deutlich angedeutete Handlungsträger («wir» bzw. «unsere») wird als identisch angenommen mit dem nicht ausdrücklich genannten Handlungsträger, der sich hinter den «Gründen» verbirgt, aber mit ziemlicher Sicherheit aus dem vorangehenden Kontext zu identifizien wäre. Ist die Kongruenz der Handlungsträger nachweislich, ist eine Umwandlung in einen Infinitivsatz naheliegend. – Der zweite «dass»-Satz ist ein Objektsatz.

c.
«Mittlerweile bestehen mehrere Gründe [dafür], dass die Datenbank differenziert als auch um neue Kategorien erweitert wird.»
→ ... ... Es bestehen mehrere Gründe [dafür], die Datenbank zu differenzieren als auch um neue Kategorien zu erweitern.
Kommentar:
Der Handlungsträger scheint im anfänglichen Satzgefüge völlig zu verschwinden, wäre aber aus dem vorangehenden Kontext ermittelbar. Das könnte irgendein Experte oder irgendein Institut sein. Ist aus dem Kontext die Kongruenz der Handlungsträger nachweislich, ist eine Transformation des attributiven «dass»-Satzes in einen Infinitivsatz naheliegend.

d.
«Es besteht [für uns] kein Grund [dafür], dass wir ihm den Rat geben, dass er seinen Entschluss, dass er vom Amt zurücktritt, überdenkt.»
→ Es besteht kein Grund, ihm den Rat zu geben, seinen Entschluss, vom Amt zurückzutreten, zu überdenken.
Kommentar:
Der Satz stammt aus der alltäglichen Praxis einer amtlichen Pressestelle, zu deren Gunsten spricht, die zweite Version öffentlich vorgetragen zu haben. Das Satzgefüge enthält gleich drei verschiedene Substantive (Grund, Rat, Entschluss) mit je einem eigenen «dass»-Attributsatz. Zudem sind die drei Verbindungen aus Nomen und «dass»-Satz untereinander subordiniert. Die Transformation der drei «dass»-Sätze lässt sich mit Hilfe der Ausführungen in den Abschnitten I und III.1 begründen.

e.
«Die Gründe unseres Vorhabens (für unser Vorhaben), dass wir die Datenbank differenzieren als auch um neue Kategorien erweitern, ...»
→ Die Gründe unseres Vorhabens (für unser Vorhaben), die Datenbank zu differenzieren als auch um neue Kategorien zu erweitern, ...
Kommentar:
Abweichend von den vorigen Beispielen a–d liegt hier eine andere Relation vor. Dem Substantiv «Gründe» wurde ein rechtsstehendes Genitivattribut («unseres Vorhabens») bzw. Präpositivattribut («für unser Vorhaben») angeschlossen. Der attributive «dass»-Satz hängt nun nicht mehr von «Gründe», sondern von «Vorhaben» ab, ist also das Attribut eines Attributs.


2.
Reihung von Infinitiven/Infinitivsätzen mit «zu»

Erscheinen mehrere Infinitive/Infinitivsätze mit «zu» in Reihe, also koordiniert, muss «zu» für jedes gereihte Element wiederholt werden. Ganz ausführlich:
«[...] Das Vorhaben, dass wir unsere Daten sichten, dass wir unsere Daten differenzieren, dass wir unsere Daten erweitern, dass wir unsere Daten umstrukturieren und dass wir unsere Daten in neuer Form publizieren, dürfte bis Jahresende dauern.»
Das Nomen «Vorhaben» besitzt hier gleich fünf koordinierte, mit «dass» eingeleitete Attributsätze. In Anlehnung an die Ausführungen in Abschnitt 1 liegt es nahe, erst einmal zu kürzen:
«Das Vorhaben, dass wir unsere Daten sichten, differenzieren, erweitern, umstrukturieren und in neuer Form publizieren, dürfte bis Jahresende dauern.»
Reduziert wurde um die überflüssigen «dass» (außer dem ersten), dem pronominalen Subjekt «wir» (außer dem ersten) und dem Akkusativobjekt «unsere Daten» (außer dem ersten).
Da anzunehmen ist, dass der im Nebensatz bezeichnete Handlungsträger, vertreten durch «wir», derselbe ist wie der, der sich hinter dem Wort «Vorhaben» verbirgt oder sich sehr wahrscheinlich dem vorangehenden Kontext entnehmen lässt, liegt eine Transformation in Infinitive nahe – jedes Element behält sein «zu»:
→ Das Vorhaben, unsere Daten zu sichten, zu differenzieren, zu erweitern, umzustrukturieren und in neuer Form zu publizieren, dürfte bis Jahresende dauern.


3.
Interpunktion

Erscheint nach dem Nomen ein atttributiver Infinitiv, ist für die Interpunkion zu unterschieden zwischen einem einfachen attributiven Aschluss (a), der nur aus «Nomen + zu + Infinitiv» besteht, und einem um andere Satzglieder erweiterten Anschluss (b). Nur der erweiterte Anschluss wird in Kommas bzw. Satzschlusszeichen eingeschlossen.

(a)
Einfacher Anschluss mit «zu + Infinitiv » → kein Komma
   Der Versuch zu fliehen scheiterte.
   Der Versuch wegzufahren scheiterte.
   Schließlich scheiterte der Versuch wegzufahren.

(b)
Erweiterter Anschluss mit «... zu + Infinitiv»: Kommasetzung
   Der Versuch, schnell zu fiehen, scheiterte.
   Der Versuch, unbemerkt wegzufahren, scheiterte,
   Der Versuch, uns wegzufahren, scheiterte.
   Der Versuch, mit ihm wegzufahren, scheiterte.
   Der Versuch, schnell und unbemerkt mit ihm wegzufahren, scheiterte.
   (Hinweis: Die Erweiterungen sind kursiv.)


4.
Bevorzugte Anwendungsbereiche

Das syntaktische Muster «Nomen, dass ...», bei dem stets zu prüfen ist, ob die Umwandlung des attributiven Nebensatzes in einen Infinitivsatz möglich und dieser unter dem Gesichtspunkt der informationellen Dichte die bessere Alternative ist, ist in einigen Anwendungsbereichen bevorzugt anzutreffen und verwendbar. Es bietet sich an, wenn konzis auf Zurückliegendes oder zuvor Gesagtes oder etwas, das der Autor bei seinen Lesern als bekannt voraussetzt, angeschlossen, angeknüpft, referenziert werden soll. Bildlich gesprochen: ... wenn zum vorangehenden Kontext ein Bogen gespannt oder eine Brücke gebaut werden soll.

(a)
Ein Journalist, der an erst kürzlich Berichtetes anknüpfen und es dem Leser/Hörer möglichst prägnant in Erinnerung bringen möchte, könnte sagen:

«die gestrige Mitteilung unseres Kairoer Korrespondenten, dass er von der örtlichen Polizei in Gewahrsam genommen worden sei, [...]. »

Nach Transformation des «dass»-Satzes könnte er aber auch sagen:

die gestrige Mitteilung unseres Kairoer Korrespondenten, von der örtlichen Polizei in Gewahrsam genommen worden zu sein, [...].

Eine solche Nuance dürfte in der Hektik insbesondere des TV- und Hörfunk-Journalismus und allgemein in der gesprochenen Sprache kaum jemandem auffallen. Aus der ersten Version ließe sich allerdings etwas machen, mit der Absicht, einen Akzent zu setzen: «die gestrige Mitteilung unseres Kairoer Korrespondenten, dass er, Sven Meyer, von der örtlichen Polizei in Gewahrsam genommen worden sei, [...]. »

(b)
Ein weiterer Anwendungsbereich sind umfassende, in der Regel aus mehreren längeren Kapiteln bestehende Texte wissenschaftlicher Art. Mit dem Muster «Nomen, dass ..., [...]» lässt sich auf Ausführungen/Ergebnisse in vorangehenden Kapiteln referenzieren: «Ausgehend von der im vorigen Kapitel erörterten Empfehlung des Forensikers Bernd Schwabe, dass ... [...] .»
Im weiteren Verlauf des Satzgefüges werden normalerweise die mit dem anstehenden, neuen Kapitel verbundenen Intentionen umrissen. Attributive «dass»-Sätze sind daher geeignet als Elemente von «Brückensätzen», die Erörtertes und zu Erörterndes verbinden. Insofern sind sie ein Muster für transition sentences (Übergangssätze), bevorzugt platziert und zu platzieren entweder im Resüme oder in der Einleitung eines Kapitels. Allerdings bilden die hier erwähnten attributiven «dass»-Sätze gewöhnlich lediglich den «Auftakt» eines Hauptsatzes oder eines Satzgefüges; die aktuell und primär wichtigen Informationen sind in den anschließenden Satzteilen des Gefüges, vor allem im Hauptsatz zu erwarten und zu verorten. Aus diesem Grund sollte geprüft werden, ob eine Umwandlung des attributiven «dass»-Satzes in einen Pseudo-Hauptsatz oder Infinitivsatz möglich ist, damit der relativ größere Teil der Wörtermasse der Hauptaussage des Satzgefüges zugute kommt.

Empfehlungen wie die beiden vorangehenden sind «Faustregeln» für komplexe Standardsätze von Standardsituationen. Im Einzelfall können sich Besonderheiten ergeben, denen auf je eigene Weise zu begegnen ist.




Abschließende Bemerkungen

a.
Für die Ausführungen wurden «dass»-Sätze nach vier Mustern klassifiziert und jeweils getrennt erläutert. In der Praxis von Autoren oder in «schreibintensiven Berufen» treten sie selbstverständlich auch kombiniert auf:
Vor den Anwesenden sicherte er zu, dass er sein ursprüngliches Vorhaben, dass er in Revision gehen wolle, aufgegeben habe.
Vor den Anwesenden sicherte er zu, sein ursprüngliches Vorhaben, in Revision zu gehen, aufgegeben habe.
[Hier: Anwendung der Ausführungen in den Abschnitten II/«dass»-Satz bei indirekter Rede und IV/«dass»-Satz als Attributsatz bei einem Substantiv]

b.
Überflüssige «dass»-Sätze in allen Funktionen und Verbindungen zu identifizieren und in Infinitivsätze zu transformieren gehört zu den «klassischen» Prozeduren, Texte zu kürzen und stilistisch zu verbessern. Manchmal lassen sich aber auch Infinitivsätze – durch andere syntaktische Mittel – ersetzen und so ein noch höherer Grad an Sprachökonomie, Dichte und Prägnanz bewirken.



hk 2016



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